Die im DLZ-Artikel "Das falsche Erinnern" vom 27. Juli 2011 angedachte Verlegung von
zwei "Stolpersteinen" für den auf dem Ehrenmal in
Norddeich verzeichneten "gefallenen"
Kriegsdienstverweigerer August G. Dunklau und seinen im KZ
Sachsenhausen inhaftierten und später ermordeten Bruder G. Heinrich Dunklau am
Norddeicher Ehrenmal hat für Gesprächsstoff gesorgt.
Bei einem persönlichen
Treffen von mir und meinem Vater zur Erörterung des Themas mit
Bürgermeister Jacobsen und stellvtr. Bürgermeister Block am 14.
August 2012, kam v. a. die Frage auf, ob die räumliche
Zusammenlegung der Erinnerung an Kriegs-Gefallene mit dem Gedenken an
NS-Verfolgte angebracht ist. Es bietet sich jedoch auch die Möglichkeit
in Norddeich "Stolpersteine" in der sonst üblichen
Verfahrensweise in den Gehweg vor das letzte Wohnhaus oder die letzte
Wirkungsstätte der Opfer einzulassen:
Mühlenstraße 18 in Norddeich (1991) |
Im Jahre 1931 erwarb der
Landarbeiter Johann Carsten Friedrich Dunklau (1887-1943) das Haus in der
Mühlenstraße 18 in Norddeich. Der Junggeselle, der 1943 im
Krankenhaus Wesselburen wohl an durch einen Arbeitsunfall
verursachter Wundfäule verstarb, war das älteste der acht
Geschwister der Familie des 1903 verstorbenen Arbeiters Friedrich
Dunklau, und Bruder von August und Heinrich.
Während der 1930er und
1940er Jahre lebten in Norddeich noch der ebenfalls unverheiratete
und kinderlose Bruder August Dunklau, die Schwester Emma, mit Tochter
Else (*1918) und den zwei kleinen Kindern (*1923 Johannes und *1924
Emmi) ihrer verstorbenen Schwester, sowie die verwitwete Großmutter.
Gelegentlich war auch der oft als Wanderarbeiter umherziehende Bruder
Heinrich vor Ort.
Johann Dunklau (1887-1943) |
In die Kriegsjahre fällt
nicht nur der Tod der Witwe Dunklau (1942), sondern es sterben auch
die vier Brüder (1941 (2), 1943, 1944) und die Schwester Emma
(1943). Während der letzten Kriegsjahre leben nur noch Else, mit
ihren zwei eigenen Kindern nach der Bombardierung Hamburgs 1943 von
dort geflohen, und Emmi in Norddeich. Johannes Dunklau ist im
Kriegseinsatz. Die Erbengemeinschaft vertritt die in Wesselburen
lebende Tante Christina Peters (geb. Dunklau), die später das Haus
am Norderkirchweg besitzt und es noch jahrzehntelang vermieten wird.
Nach Ende des Krieges
bringt Johannes Dunklau das Haus in der Mühlenstraße in seinen
Besitz, indem er die Miterben auszahlt. Er wird später seinen
Hauptwohnsitz in Quickborn bei Hamburg nehmen und nur noch
gelegentlich Norddeich aufsuchen. Im Oktober 2003 verkauft er das
Haus schließlich mit reichlich 8000 qm dazugehöriger Weide an einen
Zuzügler. Im Nachlaß von Johannes Dunklau befanden sich die
einzigen noch bekannten Fotografien von Johann und Heinrich Dunklau.
Johannes Dunklau (1923-2008) |
Im Gegensatz zum
Norderkirchweg ist die Mühlenstraße eine der Hauptstraßen
Norddeichs, geteert und mit einem Bürgersteig versehen. Während das
dortige Haus im Besitz von Johann Dunklau war dürfte es ein häufiger
Anlaufpunkt, und auch zeitweise Unterkunft für die Junggesellen
August und Heinrich gewesen sein.
Soweit eine Verlegung von
"Stolpersteinen" am Norddeicher Ehrenmal nicht vorstellbar
erscheint, sind bei Mühlenstraße 18 die wesentlichen
Voraussetzungen (Bezug zu den Opfern, Bürgersteig) erfüllt.
Die rechtlichen
Voraussetzungen für ein angemessenes Gedenken an die Brüder Dunklau
zu schaffen (Beschluß der Gemeindevertretung zur Genehmigung der
Verlegung von "Stolpersteinen" im öffentlichen Raum),
liegt jetzt in der Hand der Gemeinde Norddeich.