Gustav Heinrich Dunklau
Gustav Heinrich Dunklau wurde als siebentes von acht Kindern des Arbeiters Friedrich Dunklau und der Wilhelmine Margaretha Christina geb. Kock am 9. April 1900 in Norddeich geboren. Sein Lebenslauf, der sich nur grob aus Unterlagen aus dem Einwohnermeldeamt Wesselburen rekonstruieren läßt, läßt ihn als einen Wanderarbeiter erkennen, von denen es Anfang der 30er-Jahre bis zu 400.000 gab:
Am 13. Mai 1922 meldete er sich aus dem elterlichen Norddeich ab um auf „Wanderschaft“ zu gehen und kehrte am 14. August 1922 zurück. 1924 verließ er Norddeich am 6. Juni und blieb ebenfalls drei Monate bis zum 18. September fort. Schon 11 Tage später jedoch meldete er sich erneut ab, versäumte dann aber offenbar eine Wiederanmeldung, denn es folgt am 2. November 1925 eine weitere Abmeldung zur „Wanderschaft“.
13 Jahre später, am 26. September 1938 kehrte er – von Wangerooge kommend – ins elterliche Haus zurück. Womöglich lebte er längere Zeit auf Wangerooge oder hielt sich immer wieder mal dort auf, da auch das einzige von ihm bekannte Foto dort entstand. Allerdings findet sich in den Wangerooger Meldeunterlagen keine Eintragung zu ihm. Ähnlich ist es in seinem laut Sterbeurkunde letztem Wohnort, Langenhorn, Krs. Husum. Dort arbeitete er bis zu seiner Verhaftung als Bauarbeiter.
Zwar sind die Langenhorner Meldedaten aus jener Zeit nur teilweise überliefert, doch hat er sich wahrscheinlich dort nie angemeldet. Sein Tod wurde auf seiner Wesselburener Meldekarte eingetragen, demnach also an seinem letzten offiziellen Wohnort (Norddeich).
Schilderungen seiner Nichte zeigen ihn als Sonderling, den es immer wieder auf Wanderschaft zog. Ein solches Leben wurde durch die Asozialen-Gesetzgebung im Nationalsozialismus gefährlich(er). Durch einen Erlaß des Preußischen Innenministers vom 13.11.1933 in Verbindung mit dem "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher" vom 24.11.1933, wurde den Ordnungs- und Polizeibehörden ermöglicht, sog. „Asoziale“ zur „Erziehung durch körperliche Arbeit in ein KZ einzuliefern“. Unter den Begriff der Asozialität gerieten immer mehr Gruppen von Menschen, deren Lebensform nicht den normierten nationalsozialistischen Vorstellungen entsprach. Dabei war willkürlichen Entscheidungen zur Verschleppung ins KZ Tür und Tor geöffnet. Nach dem NS-Grunderlass „Vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ vom 14. Dezember 1937, kam es im April und Juni 1938 zu Verhaftungswellen bei denen 10.000 als asozial stigmatisierte Menschen ins Konzentrationslager verbracht wurden, davon allein 6.000 nach Sachsenhausen. Auf die Zeit kurz danach fällt auch seine Rückkehr nach Norddeich. Einer Verhaftung entgangen schien die Nähe des Heimatortes einen Schein von Sicherheit zu geben.
An seiner letzten zeitweiligen Wohn- und Arbeitsstätte in Langenhorn wurden die Behörden schließlich auf ihn aufmerksam. Als sonderbarer Fremder fiel er auf. Ein fehlendes „Wanderbuch“, Verletzungen von Meldepflichten oder bloßer Verdacht führten zu seiner Verhaftung wegen „Landstreicherei“. Am 28. September 1940 wurde er als Gefangener Nummer 33166 im Konzentrationslager Sachsenhausen registriert. Als Folge der harten Arbeit und der beabsichtigten unmenschlichen Lebensbedingungen befand er sich vom 21. Dezember 1940 bis zum 8. Mai 1941 im Krankenbau des Lagers. Im Rahmen der Aktion „Sonderbehandlung 14f13“, mit der arbeitsunfähig gewordene KZ-Insassen („Ballastexistenzen“) „entsorgt“ werden sollten, wurde er als einer von 269 aussortierten Häftlingen am 5. Juni 1941 mit dem Vermerk „Kommando S“ in die Vernichtungsanstalt Pirna-Sonnenstein überstellt. Dort wurde er am selben Tag mit Kohlenmonoxidgas ermordet, sofern er nicht bereits an den - vermutlich zur Lähmung der Gefangenen auf dem LKW-Transport - zuvor gespritzten Medikamenten verstorben war.
Als zur Tarnung gefälschtes Todesdatum ist der 20. Juni 1941, als Todesort "im Lager Sachsenhausen" angegeben.
In den Kellern der offiziell als Heilanstalt firmierenden Einrichtung befanden sich bereits jene Gaskammern, mit denen der Völkermord an den Juden später in den Vernichtungslagern industriell betrieben wurde. Die Nationalsozialisten hatten hier auch das Euthanasieprogramm „T4“ v.a. an psychisch Kranken und geistig Behinderten durchgeführt, wobei immer weitere von der Nazi-Ideologie als „minderwertig“ und “schädlich“ eingestufte Gruppen hinzukamen.
Heinrich Dunklaus Leichnam wurde verbrannt. Seine Urne ist nicht auf dem Wesselburener Friedhof beerdigt, sondern wurde - nach einer Auskunft des Archivs der Gedenkstätte Sachsenhausen - ohne Veranlassung durch die Angehörigen auf dem Waldfriedhof Güterfelde südlich von Berlin in einem Massenurnenfeld mit denen von 720 deutschen und 383 polnische Häftling der KZs Sachsenhausen und Wewelsburg vergraben.
Die Ausstellung der Todesurkunde erfolgte aus Tarngründen im für das KZ Sachsenhausen formell zuständigen Standesamt Oranienburg, wobei als Todesort das „Lager Sachsenhausen“ angegeben wurde.
Zwei Wochen nach seiner Ermordung begann mit dem „Fall Barbarossa“ der Vernichtungskrieg gegen die osteuropäischen Völker und Juden jenseits von Memel, Bug und Pruth.